13.07.2020
Entstehung, Unterschiede zum angeborenen VWS, Besonderheiten in der Diagnostik
Patientinnen und Patienten mit dem Von-Willebrand-Syndrom (VWS) leben oftmals schon ihr ganzes Leben lang mit dieser Gerinnungsstörung und den Auswirkungen auf ihren Alltag. In solchen Fällen sind häufig auch nahe Verwandte betroffen, was mit zur Diagnose „angeborenes Von-Willebrand-Syndrom“ führt. Doch das VWS kann auch als sogenannte erworbene Erkrankung auftreten, also erst später im Leben. Die Auslöser können unterschiedlich sein.
Was unterscheidet das angeborene vom erworbenen VWS?
Während sich das Bild an klinischen Symptomen und Laborwerten ähnelt, haben bei dem angeborenen VWS oftmals weder die betroffenen Patienten noch ihre Familien eine bekannte Blutungsneigung. Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist der Zeitpunkt der Entstehung. Vom angeborenen VWS ist bereits das neugeborene Kind betroffen, in seinem Körper wird nur wenig oder kein Von-Willebrand-Faktor (VWF) gebildet oder der gebildete VWF ist defekt. Bei Patienten mit einem erworbenen VWS dagegen existiert diese gesundheitliche Problematik nicht von Geburt an, sondern eher im Erwachsenenalter. Andere Erkrankungen lösen ein VWS aus, anschließend funktioniert die Blutgerinnung nicht mehr so wie früher.
Aber auch hier gibt es Ausnahmen: auch bei Kindern kann
sich das erworbene VWS ausbilden, oft im Zusammenhang mit angeborenen
Herzerkrankungen.
Welche Erkrankungen können das Von-Willebrand-Syndrom auslösen?
Einige Erkrankungen können (müssen aber nicht) ein
Von-Willebrand-Syndrom nach sich ziehen. Zunehmend wird die Diagnose erworbenes
VWS im Zusammenhang mit einer kardiologischen Grunderkrankung gestellt oder
durch eine Erkrankung des Knochenmarks ausgelöst. Zudem können sich bestimmte
Medikamente negativ auf den Von-Willebrand-Faktor und damit auf die Gerinnung
auswirken und zu einem VWS führen. Aber auch wenn Patienten längere Zeit an
eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen sind, kann sich ein VWS entwickeln.
Wie Herzklappenfehler und andere Erkrankungen VWS auslösen
Wie genau VWS durch eine andere Erkrankung entsteht,
hängt von der Grunderkrankung und den individuellen Besonderheiten des
Betroffenen ab. So können sich beispielsweise durch einen Herzklappenfehler die
Bedingungen im Körper derart verändern, dass der Von-Willebrand-Faktor zwar zunächst
in einer intakten Form entsteht, dann aber (z.B. durch die Scherkräfte im Blut)
seine ursprüngliche Form verliert. Der Organismus erkennt diese Veränderung und
beseitigt den veränderten VWF. Dieser fehlt dann bei der Blutgerinnung, es ist
ein Von-Willebrand-Syndrom entstanden. Bei einem Herzklappenfehler kann genau
dies passieren.
Warum kann es schwierig sein, die Diagnose erworbenes VWS zu stellen?
Im Gegensatz zu Betroffenen, die schon lange von ihrer
Gerinnungsstörung wissen, sind Menschen mit erworbenem VWS meist in schwierigen
gesundheitlichen Situationen erstmals mit der Erkrankung konfrontiert. Ebenso
ergeht es den Behandlern, die das VWS möglichst schnell erkennen, sicher diagnostizieren
und entsprechend therapieren müssen. Oftmals wird das erworbene
Von-Willebrand-Syndrom erst bei übermäßigen Blutungen im Rahmen von Operationen
oder Verletzungen erkannt. Sind diese Komplikationen bewältigt, sollte sich
direkt die entsprechende Therapie anschließen.
Kann das erworbene VWS wieder verschwinden?
Ja, das ist möglich. Das erworbene VWS bildet sich normalerweise zurück, wenn bei den Betroffenen die Grunderkrankung erfolgreich behandelt werden kann.