20.06.2018
Wenn der behandelnde Arzt bei VWS oder Hämophilie zur Prophylaxe rät, wird spätestens dann die Heimselbstbehandlung zum Thema. Sie hat für die betroffenen Familien den Vorteil, dass sie nicht mehrmals pro Woche einen Arzt bzw. ein Zentrum aufsuchen müssen und somit ihren Alltag flexibler gestalten können.
Aber auch für Reisen und Ausflüge ist diese Unabhängigkeit ein großes Plus. Kommt es zu einem Notfall und dadurch zu einer akuten Blutung, kann das benötigte Faktorpräparat schneller zugeführt werden. Aber klar ist auch: die intravenöse Injektion ist ein technisch anspruchsvoller Vorgang und auch emotional eine Herausforderung.
Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Bei Neugeborenen oder Säuglingen ist das Spritzen in die Vene oftmals eine Herausforderung, weil die Gefäße noch klein und zart sind. Werden die Kinder etwas älter, kommt neben der Agilität auch noch der „Babyspeck“ hinzu. Grundsätzlich ist es aber möglich, auch die Eltern von sehr kleinen Kindern mit einer sorgfältigen Anleitung und in medizinischer Begleitung mit der Heimselbstbehandlung vertraut zu machen.
Die Anleitung zum Auflösen und Verabreichen ist in der Gebrauchsinformation („Packungsbeilage“) detailliert beschrieben. Das Faktorkonzentrat wird in vorher festgelegter Menge aufgelöst und in eine Spritze aufgezogen. Danach wird es direkt in die Vene des Kindes gespritzt. Wichtig ist, dass bei allen Arbeitsschritten strikt auf Hygiene geachtet wird. Nach der Verabreichung muss jede Gabe genau dokumentiert werden. Bei Faktorkonzentraten besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur genauen Dokumentation. Sie erleichtert aber auch dem behandelnden Arzt die Betreuung und Überwachung der Therapie.
Ja. Viele Kinder lernen ab einem Alter von circa 10 Jahren (Grundschulalter) in speziellen Schulungen, sich selbst das benötigte Medikament zu verabreichen. So übernehmen sie mehr Verantwortung für sich selbst und erlangen mehr Selbstständigkeit. Selbstverständlich sollten die Eltern und / oder andere Betreuungspersonen dabei immer alle Schritte im Auge behalten und das Kind begleiten.
Schulungen finden in einigen der spezialisierten Behandlungszentren statt, werden aber auch von Patientenorganisationen angeboten und organisiert. Eine Übersicht über die Patientenorganisationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz finden Sie hier (https://www.info-von-willebrand.de/info-von-willebrand/rat-und-hilfe/selbsthilfegruppen-und-verbaende.php). Hier können Sie Termine für die so genannten „Spritzenkurse“ in Ihrer Nähe in Erfahrung bringen und erhalten überdies weitere Informationen sowie Kontakt zu anderen Betroffenen.
In einigen Fällen gibt es auch spezielle Homecare-Programme, mit denen Patienten mit Gerinnungsstörungen dabei unterstützt werden, die Heimselbstbehandlung mit einem guten und sicheren Gefühl zu erlernen und nach einiger Zeit selbst durchzuführen. Denn gerade zu Beginn der Therapie treten immer wieder Fragen auf, z.B. zur richtigen Vorbereitung des Konzentrates und zum Finden einer geeigneten Vene. Aber auch die Dokumentation in einem speziellen Kalender kann dabei besprochen werden und auch, wie man die Behandlung am besten im Alltag einfügt.