Wie verläuft eine Therapie bei der Gerinnungsstörung Von-Willebrand-Syndrom?

Therapie von VWS

Eine Heilung des vererbten Von-Willebrand-Syndroms ist zurzeit nicht möglich. Allerdings ist die Erkrankung heutzutage sehr gut zu beherrschen.

Ziel einer Therapie ist es, erstens akute Blutungen zu stoppen und zweitens das Auftreten von Blutungen zu vermeiden. In Abhängigkeit von der Art und Schwere der Symptome und auch den individuellen Lebensumständen des Patienten stehen verschiedene Therapieoptionen zu Verfügung. Ihr behandelnder Arzt wird für Sie die möglichst optimale Behandlung finden. Je nach Schweregrad und Typ des Von-Willebrand-Syndroms gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten: Die meisten Patienten mit einem leichten Von-Willebrand-Syndrom benötigen keine regelmäßige Behandlung. Allerdings kann bei ihnen bei einer Operation, einem zahnärztlichen Eingriff oder einer Entbindung eine vorbeugende Behandlung bzw. nach dem Eingriff eine Behandlung erforderlich werden.

Behandlungsmöglichkeiten

DDAVP

(1-Desamino-8-D-Arginin-Vasopressin – ein synthetisches Hormon)

Bei leichten Formen des Von-Willebrand-Syndroms kann die verfügbare Menge des Von-Willebrand-Faktors durch die Gabe von DDAVP erhöht werden.

DDAVP führt dazu, dass der VWF aus den körpereigenen Speichern ausgeschüttet wird. Dadurch kann ein Anstieg der Konzentration des VWF im Blut um das Dreifache des Ausgangswertes erreicht werden. DDAVP ist für die Behandlung bei leichten Blutungen oder kleineren Operationen geeignet. Ist eine längere Behandlung erforderlich (länger als drei Tage), oder eine höhere Konzentration an VWF nötig, reicht dessen Wirkung jedoch nicht aus. Dies liegt daran, dass die entleerten Speicher an körpereigenem Von-Willebrand-Faktor zunächst wieder aufgefüllt werden müssen.

VWF/FVIII-Konzentrat

Patienten mit schweren Formen des Von-Willebrand-Syndroms erhalten bei größeren Blutungen oder vor operativen Eingriffen ein Konzentrat, das den Von-Willebrand-Faktor und den Blutgerinnungsfaktor VIII hochrein enthält. Das betrifft Patienten mit Typ 3, die meisten Patienten mit Typ 2 und Patienten mit einer schweren Ausprägung des Typ 1. In diesem Fall wird der fehlende oder defekte Von-Willebrand-Faktor in Kombination mit dem Faktor VIII ersetzt. Die Gerinnungsfaktoren Von-Willebrand-Faktor und FVIII werden aus menschlichem Blutplasma hochrein isoliert.

Die Dosis hängt von der jeweiligen klinischen Situation ab (Blutungsort, Schwere der Blutung). In der Regel werden 20 –50 IE (internationale Einheiten) pro Kilogramm Körpergewicht gegeben.
Das Gerinnungsfaktorkonzentrat (gefriergetrocknet, Pulver) wird mit wässrigem Lösungsmittel aufgelöst und langsam in eine Vene gespritzt.
Detaillierte Angaben zur Dosierung und Anwendung finden Sie in der Gebrauchsinformation des verordneten Von-Willebrand-Faktor/FVIII-Konzentrats. Ihr Arzt wird in jedem Fall die Dosierung entsprechend Ihrer persönlichen Situation individuell festlegen.

Mögliche Nebenwirkungen der Therapie

1. Mögliche Nebenwirkungen der Therapie mit Von-Willebrand-Faktor/FVIII-Konzentrat

Wie alle Arzneimittel können auch Von-Willebrand-Faktor/ FVIII- Konzentrate Nebenwirkungen haben, die aber nicht bei jedem auftreten müssen. Es können Überempfindlichkeitsreaktionen, wie z.B. Kopfschmerzen oder Fieber auftreten.

Durch die intravenöse Applikation der Von-Willebrand-Faktor/ FVIII- Konzentrate kann es zu Beschwerden am Verabreichungsort kommen. Hierzu zählen etwa ein Brennen oder Stechen an der Injektionsstelle. Manche Patienten können allergisch auf das ihnen verordnete Von-Willebrand-Faktor/ FVIII- Konzentrat oder einen der darin enthaltenen Bestandteile reagieren.

Informieren Sie Ihren Arzt darüber, wenn Sie noch andere Arzneimittel einnehmen, damit mögliche Wechselwirkungen ausgeschlossen werden können.

Detaillierte Angaben zu möglichen Nebenwirkungen finden Sie in der Packungsbeilage des Ihnen verordneten Von-Willebrand-Faktor/ FVIII- Konzentrats.

2. Mögliche Nebenwirkungen der Therapie mit DDAVP

Grundsätzlich ist DDAVP nur bei Patienten wirksam, die funktionstüchtigen VWF produzieren. Bei Patienten mit Typ 3 und der schweren Form des Typs 2N ist DDAVP daher nicht geeignet.
Nicht jeder Patient spricht auf DDAVP an. Es sollte auf jeden Fall ein DDAVP-Test durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob der VWF-Spiegel ausreichend ansteigt.
DDAVP greift in den Wasserhaushalt ein und bewirkt, dass Wasser vermehrt im Körper bleibt. Daher ist es für Kinder unter vier Jahren und ältere Patienten ab 65 Jahren sowie Patienten, die an Krampfanfällen, Migräne oder Bluthochdruck leiden, nicht geeignet.

Wann ist eine Dauerbehandlung notwendig?

Vorbeugende Dauerbehandlung (Prophylaxe) heißt, dass auch ohne akute Blutung regelmäßig Von-Willebrand-Faktor/FVIII-Konzentrat verabreicht wird. Eine solche Prophylaxe mit Von-Willebrand-Faktor/FVIII-Konzentraten ist insbesondere bei Patienten sinnvoll, die häufig unter Blutungen leiden. Besonders bei Patienten mit Von-Willebrand-Syndrom Typ 3 kann es wiederholt zu Gelenkblutungen kommen, die langfristig zu Gelenkschäden führen. Durch die langfristige vorbeugende Behandlung mit einem Von-Willebrand-Faktor/FVIII-Konzentrat können schmerzhafte Blutungsepisoden sowie Gelenkschäden verhindert werden.

Patienten mit einem schweren Verlauf des Typ 2 oder Typ 1 können auch von einer Prophylaxe profitieren (ggf. auch zeitlich begrenzt), indem immer wieder auftretende Schleimhautblutungen vermieden werden.

Die Abstände zwischen den einzelnen Gaben werden für jeden Patienten individuell festgelegt. In der Regel wird die Behandlung im Abstand von wenigen Tagen bis wöchentlich wiederholt. Zu Beginn wird das Von-Willebrand-Faktor/FVIII-Konzentrat von einem Arzt verabreicht; später können der Patient oder Familienangehörige erlernen, das Konzentrat bei Bedarf selbstständig zu verabreichen (Heimselbstbehandlung). Für den Patienten bedeutet dies eine fast „normale“ Lebensqualität.

Heimselbstbehandlung

Heimselbstbehandlung VWS

Heimselbstbehandlung bedeutet für den Patienten nicht nur mehr Unabhängigkeit und Lebensqualität. Es ist auch wichtig, im Notfall richtig zu reagieren und eine akute Blutung möglichst schnell zu behandeln. Die Blutstillung erfolgt schneller und Folgen wie Schmerzen (z. B. bei Muskelblutungen), Gelenkprobleme oder Komplikationen bei Blutungen (z. B. im Magen/Darm) werden vermieden.  

Auf Anzeichen einer akuten Blutung kann der Patient, der in der Heimselbstbehandlung geschult ist, schneller reagieren. Entsprechende Kurse werden von Selbsthilfegruppen oder Behandlungszentren angeboten, die auf Gerinnungsstörungen spezialisiert sind.

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